Workshop: Marx lesen mit Marx lesen – Marx als Kampfplatz, Schauplatz, Arbeitsplatz

Wann
Samstag - 20.10.2018
9:00 - 20:00

Wo
Ludwig-Maximilians-Universität, Hauptgebäude
pin Geschwister-Scholl-Platz 1
München

Details

„Wir gehn [sic] von einem nationalökonomischen, gegenwärtigen Faktum aus“ (MEW 40, S.511). Dieser Satz Marxens steht nicht nur am Beginn des berühmten Entfremdungskapitels aus den 1844 verfassten Ökonomisch-Philosophischen Manuskripten, sondern beschreibt gewissermaßen die Gründungsszene des Marxismus selbst: Ausgehend von Hegels Dialektik und den politischen Vorstellungen der utopischen Sozialisten wendet sich Marx – den Jargon der politischen Ökonomie gegen diese selbst wendend – jenem „nationalökonomischen, gegenwärtigen Faktum“ zu, um endlich „Aufschluß über den Grund der Teilung von Arbeit und Kapital, von Kapital und Erde“ zu geben. Dadurch bringt er nicht nur jenen Komplex, der im Nachhinein marxistische Kapitalismuskritik, Warenanalyse und Theorie des Klassenkampfes heißen wird, sondern auch eine konkrete Praxis der kollektiven Emanzipation auf den Weg.

Exakt 200 Jahre nach der Geburt von Karl Marx ist dieses Faktum zwar keineswegs mehr neu, dafür aber nach wie vor gegenwärtig. Der Zugriff des Kapitalismus auf die gesellschaftliche Realität ist, folgt man Theoretiker*innen wie Mark Fisher oder Jodi Dean, der scheinbar unhintergehbare Horizont unseres gesellschaftlichen Seins und Bewusstseins, der in seinem Versuch eine „Welt nach seinem Bilde zu schaffen“ die Vorstellung einer alternativen Gesellschaft undenkbar zu machen scheint. Gerade heute gilt es daher nicht lediglich nach der Aktualität von Marxens Analysen zu fragen. Vielmehr wollen wir im Rahmen dieses Workshops diskutieren, was es heute, in der Gegenwart des globalen Kapitalismus, bedeuten kann, Marx zu lesen, mit Marx zu arbeiten, ja Marx als Kampfplatz zu begreifen. Dabei gehen wir davon aus, dass „Marx-Lesen“ niemals ein unschuldiger Vorgang sein kann. Denn in der Lektüre Marxens steht stets auch die Möglichkeit einer (erneuerten) Praxis der universellen Emanzipation auf dem Spiel. Inmitten eines europaweiten Erstarkens der ‚neuen‘ Rechten, inmitten eines autoritären Umbaus der bürgerlichen Demokratie, inmitten des Zusammenbruchs ganzer Staaten in Afrika wie im Mittleren und Nahen Osten, der zunehmenden Armutsmigration und der sich abzeichnenden, kapitalismusinduzierten Klimakatastrophe, befinden wir es als die unabweisbare Aufgabe einer engagierten Universität, von Marx ausgehend, zu untersuchen, wie man die versteinerten Verhältnisse zum Tanzen zwingen könnte und dabei zugleich auch jene Frage mit zu bedenken, die Yeats einmal formulierte: „How can we know the dancer from the dance?“

 

Programm

 

Begrüßung:                                                                                                    9:00 Uhr

 Sebastian Schuller (LMU): Einleitende Worte zu Gegenwärtigem

Panel 1: Marx als Kampfplatz                                                         9:15 Uhr- 11:45 Uhr

Lars Bullmann (LMU): Entfremdungen – nach Marx

Daniel Neumann (Universität Jena): „The rich are different from you and me.“ – „Yes, they have more money.“ oder: Taugt der Begriff ‚Klassismus‘ zum Klassenkampf?

Chris Reitz (LMU): Darstellung als Kampflatz: Dialektischer Materialismus im Spannungsfeld von Formanalyse und „konkreter Analyse konkreter Situation“

Mittagspause

Panel 2: Marx als Schauplatz                                                                      12:45 Uhr – 15:15 Uhr

Samo Tomšič (HU Berlin): Triebleben und Krisenlogik: Marx mit Freud.

Sami Khatib (Leuphana Universität Lüneburg): „Sinnlich übersinnlich“: Zur Ästhetik der Realabstraktion

Julia Landmann (LMU): Bildung als revolutionäre Praxis: Marx, Gramsci, Brecht

Kaffeepause

Panel 3: Marx als Arbeitsplatz                                                        15:45 Uhr – 18:15 Uhr

Stefano Breda (FU Berlin): Für eine synthetisch-rückschauende Lektüre des Marxschen ‚Kapital‘

Jonathan Schmidt-Dominé (LMU): Artikulation und Ausdruck. Zur Pertinenz einer sprachphilosophischen Differenz in Theorien gesellschaftlichen Bewusstseins

Jenny Willner (LMU): Marx und Engels lesen Darwin

Kaffeepause

Abschlussdiskussion                                                                                             18:45 Uhr

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