Wann
Samstag - 17.02.2024
14:00 - 18:00
Schon weit vor dem Angriff auf die Sowjetunion, dem „Unternehmen Barbarossa“, spielte die sogenannte „geistige Kriegsführung“ eine maßgebliche Rolle. Die Inhalte der Plakate, Radioansprachen und später auch Filmproduktionen veränderten sich mit den rationalistischen Entscheidungen, die die NS-Führung im Verlauf des 2. Weltkriegs, spätestens nach dem Übergang von einem Blitz- in einen Abnutzungskrieg, treffen musste.
Für die Erfassung und die „Säuberung“ des öffentlichen Lebens von jüdischen SowjetbürgerInnen war eine Kollaboration mit Einheimischen unabdingbar. Die Pläne zur Ghettoisierung, Verhaftung, Ausbeutung und Vernichtung der osteuropäischen Jüdinnen und Juden fußte auf der Annahme, den antisemitischen Nährboden nutzen zu können, der weite Teile der sogenannten „Ostgebiete“ ausmachte.
Propagandistische Überlegungen zur Integration von weiten Teilen der sowjetischen Zivilbevölkerung in das Herrschafts- und Vernichtungssystem der Nationalsozialisten sowie die Anwerbung zur Zwangsarbeit und die Verschleppung ins Kernreich waren weder linear noch in klarer Zuständigkeit einzelner Ministerien. Institutionen wie die eigens gegründete Zentralfilmgesellschaft Ost (ZFO) standen oft zwischen persönlichen Fehden, unterschiedlichen ideologischen Deutungsansprüchen und den unerwarteten Entwicklungen des Kriegsverlaufes.
Eine Demonstration von kultureller Überlegenheit der deutschen Besatzung sowie die Kommunikation einer zu erhoffenden Gesellschaftsordnung nach Kriegsende gewannen an Bedeutung: Neben eingehegten antislawischen und antiasiatischen Figuren blieb das Feindbild des „jüdischen Bolschewisten“ ein Haupttopos der Gräuelpropaganda.
In einem 4-stündigen Workshop wirft die Referentin anhand von Bild- und Videomaterial Schlaglichter auf die Narrative und Darstellungsformen, welche insbesondere auf den Territorien des heutigen Belarus und der Ukraine verbreitet wurden und zieht Verbindungen zu aktuellen Debatten in der Gedenk- und Erinnerungskultur.
Die Teilnehmer:innenzahl ist auf 20 begrenzt. Um den Workshop besser strukturieren zu können bitten wir um eine kurze Vorstellung der Teilnehmenden (Name, Alter, ggf. Studiengang/Fachbereich/Vorkenntnisse).
Rike Schreiber ist Kulturwissenschaftlerin und lebt in Leipzig. Während ihres Studiums beschäftigte sie sich vor allem mit dem sächsischen KZ-Außenlagersystem, Frauen in Zwangsarbeitsverhältnissen und der Rekrutierung von „OstarbeiterInnen.“
Der Vortrag basiert auf einer Abschlussarbeit zur Propaganda der Zentralfilmgesellschaft Ost und einem daraus entstandenen Workshop in der Geschichtswerkstatt „Leonid Levin“ in Minsk, 2019. Momentan arbeitet sie in der Gedenkstätte Amthordurchgang e.V. in Gera an einem SchülerInnen-ZeitzeugInnen-Projekt zur Geschichte des Uranabbaus in Ostthüringen.
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