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Cinema paradiso, oder: Wie das Kino in den Keller kam
Im Jahr 1974 machte ein gewisser Rainer Pongratz (vermutlich hat er nichts zu tun mit einem Mann gleichen Namens, der heute als Fußball-Kreisliga-Schiedsrichter im Raum Zwiesel tätig ist) die Biertrinker-Regionalliga im Wirtshaus ‚Fraunhofer‘ mit einer Vision neugierig und nervös: Er wollte ein Kino gründen, ganz einfach. ‚Wo das Kino einmal sein sollte, hatte Rainer schon ausgemacht. Das Kellerloch, in dem er hauste und das sein Bett, einen Schreibtisch sowie die alte NSU an der er dauernd herumbastelte, barg, sollte den Projektionsraum abgeben, die angrenzende Kegelbahn des Fraunhofers den Kinosaal‘, erinnert sich Erich von Wagner, der letzte Überlebende der Gründercrew, die in unergründlichen Biorhythmen an- und abschwoll: erst waren’s 3, dann 11, dann 8, nach ein paar Monaten Spielbetrieb nur noch 2.
Bis zur Eröffnung des Werkstattkinos am 3.4.1976 galt es noch Ziegelwände einzureißen und wieder hochzumörteln sowie die Parkplatzauflagen der (wie immer) behindernden Behörden mit 16.000 Mark abzulösen. Vor allem aber wollten Myriarden von Diskussionen über die Vereinssatzung hinter sich gebracht werden – ‚weshalb ich dort meistens fern blieb. Ein Wunder, dass sich aus diesem Sauhaufen ein funktionierender Spielbetrieb entwickeln sollte.‘ Sauhaufen und Saufhaufen: ‚Tag für Tag verbrachten wir unsere Abende im ‚Fraunhofer‘.‘ Die Geburt des Kinos aus dem Bier – und aus dem Bundeswehrfrust. Da Kriegsdienstverweigern damals fast noch komplizierter war als ein Kino zu gründen, ging es kurz vor Zapfenstreich ab in die Kaserne. Rainer wohnte übrigens noch bis 1977 im Vorführraum, in Wohngemeinschaft mit dem 16mm-Projektor Siemens2000, später mit einem 35mm-Projektorenpärchen ERNEMANN VII B.